Reit- und Fahrverein Hilgershof e.V.
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Von der Lehmhütte zur Pferde-Ranch

Artikel aus der Rheinischen Post vom 13.10.2012 von Anneli Goebels

 

Alles begann 1940 mit einer Lehmhütte in Allerheiligen, mit fünf Kühen und drei Arbeitspferden. Mehr als 70 Jahre später ist aus dem Hof von Hubert Hilgers eine fünf Hektar große Anlage mit 120 Pensionspferden geworden. Chef ist Peter-Willi Hilgers, der heute 60 Jahre alt wird.

Sein erstes eigenes Tier war eine Ziege. Die schenkte ihm ein Onkel, als er 14 Jahre war. Peter-Willi Hilgers erinnert sich noch gut an das Tierchen, das er zwar hegte und pflegte, ihm allerdings keinen Namen gab. Denn der Vierbeiner war auch kein Kuscheltier oder Spielzeug. Dafür lebte Peter-Willi schon zu lange auf einem Bauernhof. Den Grundstock dafür hatte sein Vater Hubert 1940 gelegt, als er eine Lehmhütte in Allerheiligen kaufte, die er nach und nach aus- und anbaute. Fünf Kühe und drei Arbeitspferde gehörten zur "Erstausstattung". Mit ihnen wurde der kleine Hof bewirtschaftet. Erst drei Jahre später konnte sich Hubert Hilgers seinen ersten Traktor kaufen, einen Lanz Bulldog mit 36 PS unter der Motorhaube. Weitere fünf Jahre später erwarb der damals 39-Jährige eine Dreschmaschine, die er nicht nur für seinen eigenen kleinen Betrieb brauchte, sondern mit der er auch von Hof zu Hof zog und gegen Lohn Getreide drosch.

Peter-Willi war schon früh klar, dass er den väterlichen Betrieb übernehmen würde. "Die Landwirtschaft ist mein Leben, darin gehe ich auf", sagt er und lässt keinen Zweifel daran, dass er auch mit 60 Jahren noch das macht, was er am liebsten tut.

Auch das hat ihn Mitte der neunziger Jahre zu einem mutigen Schritt bewogen — nämlich den, seinen Hof umzusiedeln und wesentlich zu erweitern. Das wäre am alten Standort in Allerheiligen, mitten im Ort, nicht möglich gewesen. "Wir hatten da schon Schwierigkeiten mit unseren Maschinen den Hof zu verlassen, ohne für ein Verkehrschaos zu sorgen", erinnert sich der 60-Jährige. Damals hatte Peter-Willi Hilgers bereits 40 Pferdeboxen vermietet. Die ersten vier hatte der "Junior-Chef" schon in den siebziger Jahren gebaut. Da war es noch schwierig, Mieter zu finden. "Eine Box hatten wir schnell weg, für die anderen drei mussten wir mehrfach Anzeigen aufgeben", erzählt er. Doch das Geschäft zog an: 1974 hatte der Hilgershof eine kleine Reithalle mit 20 Boxen, zehn Jahre später eine zweite Halle und bereits 40 Boxen.

"Anfang der 90er Jahre dachte ich sogar daran, in die neuen Bundesländer zu gehen, da dort noch genug Flächen zur Verfügung standen", sagt Hilgers. Vater Hubert unterstützte ihn und versprach Beistand: "Ich gehe überall mit Dir hin." Doch es kam anders, denn die Stadt Neuss plante in Allerheiligen ein großes neues Wohngebiet. Zu dessen Fläche gehörte auch der Hilgershof — wie die Besitzer erst durch eine Postwurfsendung der Stadt erfuhren. "Da waren wir doch ziemlich überrascht", erinnert sich Hilgers. Er griff zum Telefonhörer und bat um einen Gesprächstermin. Die Verhandlungen begannen. "Zuerst bot man mir ein Grundstück neben der Grefrather Mülldeponie an. Doch das war mir zu weit weg von Allerheiligen", so Hilgers.

Ein Freund machte ihn dann auf das Grundstück in Rosellen aufmerksam. Und da steht er nun — seit 15 Jahren, der Reitstall Hilgers, ein "Stall" von fünf Hektar. Im November 1996 zogen die 60 Pensionspferde, die es bis dahin gab, ein. Die Familie nicht, da das Wohnhaus noch nicht fertig war. "Ich habe damals oft im Rohbau geschlafen, weil ich Angst hatte, die Pferde allein zu lassen", berichtet der Landwirt.

Im Januar 1997 zog aber auch er in sein neues Domizil und erinnert sich gut an die erste Zeit: "In Allerheiligen waren wir mitten im Dorf. Wir hatten eine Bank an der Straße stehen. Da haben wir uns schon als Kinder getroffen. Jedes Mal, wenn man den Hof verließ, traf man einen Nachbarn. Ein kleiner Plausch war immer drin. Fehlten Eier, Salz oder Zucker, dann brauchte man nur gegenüber zu klingeln. Das war hier außerhalb eines Ortes plötzlich ganz anders. Alles so still", sagt Hilgers.

Das hat sich geändert: Denn aus 60 Pensionspferden wurden schnell 120. Zu den drei Stallgassen und zwei Reithallen kam schließlich noch eine Strohhalle hinzu, denn das Stroh wird selbst erzeugt. Auch Sohn Andreas (27) hat eine landwirtschaftliche Ausbildung, arbeitet seit über zehn Jahren mit seinem Vater zusammen. Erst seit kurzem dabei ist Neffe Stephan Hilgers. Der 30-Jährige ist Pferdewirtschaftsmeister und kümmert sich um die Springpferde. Bereits seit 1997 an Bord ist Bernd Nöthen, der die Dressurpferde betreut. Auf dem "Hilgershof" werden aber nicht nur Pferde gehalten und Reiter fit gemacht, dort kommt auch die Geselligkeit nicht zu kurz: So lädt die Familie jeden November zum Martinsfeuer mit Grünkohlessen ein. Das Traditionsgericht macht Peter-Willi Hilgers' Lebensgefährtin Annette Mohr. Ein Ort zum Feiern ist auch das Reiterstübchen. Dort tischt das Ehepaar Krieger auf, das früher eine Metzgerei in Rosellen hatte.

Heute Abend nun wird die große Reithalle zum Festsaal, wenn Peter-Willi Hilgers mit Verwandten, Freunden und "Kunden" seinen runden Geburtstag feiert — und wieder wird er sich darüber freuen, dass er vor über 15 Jahren nicht daran gedacht hat, einfach noch einige wenige Jahre den alten Hof zu bewirtschaften, ihn dann an die Stadt zu verkaufen, um sich mit Anfang 50 schließlich gepflegt zur Ruhe zu setzen.

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